Russland gehört zu den Ländern mit einer langen und lebendigen Saunatradition.
Wichtigste Utensilien für die russische Schwitzkultur, die vom Banja bzw. Wenikbad geprägt wird, sind Filzhut und Birkenzweige.[sg_popup id=1]
Während hierzulande oft Totenstille in der Sauna herrscht, nutzen Russen die Sauna als sozialen Treffpunkt und besprechen zwischen Nebelschwaden wichtige Projekte.
In der Saunapause wird genascht – Tee und Bier getrunken.
Die Ursprünge der russischen Sauna
Sowohl die russische Banja als auch das finnische Schwitzbad sind Badekultur in ihrer ursprünglichsten Form. Zahlreiche einander ähnelnde Elemente, von dem Blockhaus aus Holz mit dem offenen Feuer (Rauchsauna) bis hin zur Verwendung der Birkenzweige, machen deutlich, dass auch eine historische Verbindung zwischen den beiden Saunakulturen besteht.
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Historiker gehen davon aus, dass die Sauna vor ca. 2.000 Jahren, vom ostasiatischen Raum aus, mit den Migrationsströmen nach Finnland kam. Als sich die asiatischen Einwanderer in Finnland niederließen, behielten Sie das rituelle Saunieren bei. Die ersten Saunen waren allerdings keine Blockhütten, sondern Erdgruben, die mit heißen Steinen aufgewärmt wurden. Möglicherweise kam das Saunieren bzw. die Erdsauna also über den Norden Russlands nach Finnland. Nichts desto trotz gilt heute Finnland als „Mutter“ des Schwitzbads, nicht zuletzt deshalb, weil die Sauna in der heutigen Kultur des Landes einen enormen Stellenwert besetzt.
Zum Ratgeber alle Saunaarten und Saunatemperaturen
Fazit: Die ersten Saunen waren keine Blockhütten, sondern Erdsaunen, die mit heißen Steinen aufgeheizt wurden. Funde deuten darauf hin, dass diese Saunavarianten um 2.000 v. Chr. im ostasiatischen Raum entstanden und anschließend im Zuge von Wanderbewegungen nach Russland und Finnland „mitgebracht“ wurden.
Was ist die Banja? – Badehaus mit Holzofen
Die Banja gleicht äußerlich dem finnischen Bad – ist also eine Holzhütte mit einem Ofen, der entweder mit Gas, Öl oder Holz betrieben wird. Traditionell wird das Badehaus mit einem Holzofen beheizt. Die traditionelle Banja umfasst neben dem Schwitzraum auch noch einen Waschraum und einen Erholungsraum.
Im Unterschied zur finnischen Sauna ist das russische Wenikbad allerdings noch etwas wärmer, die Temperaturen können deutlich über 100 Grad Celsius klettern. Außerdem ist die Banja wegen der großzügigen Birkensud-Aufgüsse auch feuchter – und wirkt dadurch noch einmal wärmer.
Aufguss mit Birkensud in der Banja-Sauna
Der Birkensud-Aufguss sorgt für einen zusätzlichen Hitzereiz. Für den Aufguss werden Birkenzweige ein bis zwei Tage lang in Wasser eingeweicht. Pro Quadratmeter Saunaraum sind etwa 10 bis 15 Milliliter Aufguss ideal.
Gegen Ende eines Saunagans schlagen sich die Gäste der Banja mit Bündeln von eingeweichten Birkenzweigen den Körper bzw. den Rücken ab. Dies regt die Blutzirkulation ab. Für das „Abschlagen“ werden im Winter meist die zuvor eingeweichten Birkenzweige verwendet, die auch den Aufguss ergeben. Im Sommer werden oftmals frisch gepflückte Zweige verwendet.
Wichtig ist vor allem, dass die Zweige von genügend Blättern bedeckt werden – ansonsten schmerzt das Abschlagen.Während in Deutschland und Österreich auf Alkohol und Essen zwischen den Saunagängen verzichtet wird, gehören kleine Snacks und Bier in Russland zu einem gelungenen Saunagang. Diese stehen im Ruheraum bereit. Übrigens trinken auch die Finnen in den Saunapausen gerne Bier.
Gleich wie in Westeuropa gehen auch die russischen Saunabesucher nackt bzw. mit einem Handtuch um die Hüften geschlungen in die Kabine. Allerdings wird meist noch ein Kleidungsstück getragen, das man in unseren Breiten vergeblich sucht: Ein Filzhut bedeckt die Köpfe der meisten Badegäste. Dieser soll Gesicht und Kopf vor allzu großer Hitze schützen. In vielen öffentlichen Saunen kann der Filzhut direkt vor Ort gekauft werden.
Fazit: Das Schwitzbad in Russland ähnelt der finnischen Sauna. Allerdings herrschen in der Banja höhere Temperaturen und – wegen der häufigen Birkensud-Aufgüsse – auch eine höhere Luftfeuchtigkeit.
Schwitzen wie die russischen Zaren: Der Ablauf
Vorher
In der Umkleidekabine zieht sich der Saunagänger um. Neben den Kleidern sollten Sie auch gleich Schmuck, Uhren und Brille ablegen. Vor allem Metallschmuck wird in der Sauna unangenehm heiß! Auch in Russland sollte vor der Sauna erst ausgiebig geduscht werden – zum einen aus hygienischen Gründen, zum anderen verzögert der Fettfilm eine tiefe Reinigung. Im traditionellen russischen Bad steht das Wasser in Holzkübeln bereit. Danach sollte gründliches Abtrocknen folgen. Wer mit feuchter Haut in die Banja geht, schwitzt später.
Währenddessen
Mit dem Saunatuch geht es nun in die Kabine. Eine Besonderheit des russischen Bades ist außerdem ein Kleidungsstück, das in den übrigen „Saunaländern“ ungewöhnlich scheint: Ein Filzhut.
Ideal für den ersten Saunagang ist ein Platz auf einer mittleren Bank – sollte genug Platz sein, kann man ich auch hinlegen. Das Handtuch sollte soweit ausgebreitet werden, dass der Körper nirgends das Holz berührt. Bleiben Sie zuerst etwa acht bis zehn Minuten in der Sauna.
Saunaaufgüsse haben in der Bäderkultur Russlands eine lange Tradition. Das Birkensud-Wasser wird auf die heißen Steine des Saunaofens geleert, dadurch verbreitet sich eine intensive Feuchtigkeit im Holzraum. Wichtigste Utensilien im russischen Banja sind Quästen aus Birkenzweigen: Die in Bündel zusammengefassten Zweige, die vorher im Aufgusswasser aufweichen, werden dazu benutzt, den Körper sanft abzuschlagen. Dadurch wird die Blutzirkulation angereichert. In der Banja ist es durchaus üblich, den Rücken des Nachbars abzuschlagen – und viceversa. Neben der klassischen Quaste aus Birkenzweigen werden auch Lindenzweige, Eichenzweige oder Tannenzweige verwendet.
Nachher
Falls Sie das Schwitzbad im Liegen genossen haben, empfiehlt es sich, sich ein bis zwei Minuten vor dem endgültigen Verlassen der Kabine mit angezogenen Beinen aufzusetzen, um den Kreislauf zu stabilisieren. Abschließend folgt die Ruhephase von mindestens 30 Minuten.
Trinken Sie in der Pause ausreichend Wasser oder mineralreiche Getränke wie Apfelsaftschorle. Wer es den russischen Gastgebern nachmachen möchte, greift zu Bier und Häppchen.
Fazit: Der Ablauf des Banja-Bades ähnelt über weiten Strecken demjenigen, der auch in der finnischen Sauna üblich ist. Allerdings sind die Aufgüsse häufiger. Weil Geselligkeit im Mittelpunkt steht, gibt es im Banja zwischen den Saunagängen kleine Häppchen und Bier.
Eine Rute (= Wenik)
- aus Birkenzweigen (klassisch) hilft gegen Erkältungen
- aus Eichenzweigen unterstützt die Haut
- aus Lindenzweigen vertreibt Kopfschmerzen
- aus Tannenzweigen heilt Hexenschuss
Richtige Abkühlung nach der Sauna
● Gehen Sie an die frische Luft und bewegen Sie sich
● Kühlen Sie sich mit Wasser und gießen Sie kaltes Wasser über Füße, Waden, Hände und Arme
● Anschließend etwas weniger kaltes Wasser über die übrigen Körperpartien gießen
● In das Tauchbad steigen und einige Sekunden dort verharren
„Ohne Banja sind wir alle verloren“: Die Sauna als gesellschaftliches Zentrum
„Ohne Banja sind wir alle verloren“, lautet ein russisches Sprichwort. In Russland ist die Sauna – genauso wie in Finnland – ein integraler Bestandteil der Alltagskultur: Man geht in die Sauna, um Freunde zu treffen, Neuigkeiten zu erfahren oder aber auch, um Geschäftliches zu besprechen. Das Schicksal der Sowjetunion wurde im Jahr 1991 angeblich während eines Banja-Besuchs vom Präsidenten Russlands, Weißrusslands und der Ukraine besiegelt.
Noch heute gibt es im Kreml eine Banja. Während in Deutschland und Österreich der Relax- und Wohlfühlmoment im Mittelpunkt steht, liegt der Fokus in Russland eher auf der Sauna als soziale Drehscheibe. So gilt zwar auch in Russland das ungeschriebene Gesetz, dass in der Sauna leise gesprochen werden muss – gesprochen wird allerdings unentwegt, anders wie in Österreich, wo in der Sauna meist Stille herrscht.
Vor allem Männer nutzen die Banja als eine Art Kneipenersatz – Freunde gehen jede Woche ein- bis zweimal zusammen in das Bad. Eine Anekdote eines der bekanntesten russischen Dramatiker unterstreicht die Bedeutung des Bades für Russen: angeblich hat Anton Tschechow zeitweise eine Wohnung in der Neglinaja-Straße im Zentrum Moskaus unterhalten, nur um in der Nähe seines Lieblingsbades zu sein. In diesem traditionellen Luxus-Banja am Neglinka-Bach, dem Sandunowskije Banji, saunieren die (wohlhabenden) Moskauer noch heute.
Kurzinfo zur Banjasauna
70°C bis zu 110°C | 10 bis 20 Minuten | ||
bis hin zu 35% | permanent |